Diabetes Typ 1 – ein Leben zwischen den Linien
Das ganze Leben von Menschen, die an einer Diabetes-Typ-1-Erkrankung leiden, spielt sich zwischen zwei ziemlich realen Linien ab. Die eine ist die Obergrenze, die ihr Glucose-Spiegel im Blut haben darf, die andere die Untergrenze. Ihr Blutzucker darf weder die eine noch die andere Linie überschreiten. Tut er es doch, bestehen ernst zu nehmende Gefahren für Leib und Leben der Betroffenen. Sie müssen also ständig messen und mitrechnen, wie sich ihr Glucose-Spiegel im Blut verändert.
Die ständige Furcht vor dem Ungleichgewicht
Mit einer Diabetes-Typ-1-Erkrankung zu leben, bedeutet für die Betroffenen eine große Bürde. Sie müssen ständig darauf achten, dass ihr Blutzucker-Spiegel nicht zu sehr absinkt beziehungsweise ansteigt, denn mit jeder Nahrungsaufnahme gerät dieser Spiegel ins Ungleichgewicht. Dasselbe gilt, wenn sie über einen längeren Zeitraum nicht genügend kohlenhydrathaltige Nahrung zu sich nehmen. Wenn Kohlenhydrate verdaut werden, entsteht Glucose. Diese ist unerlässlich für den menschlichen Organismus, denn Glucose bedeutet reine Energie. Normalerweise reguliert die körpereigene Insulinproduktion den Glucose-Haushalt im Körper. Überschüssige Glucose wird dann sogleich in der Leber oder in den Muskelzellen eingelagert. Ist zu wenig Glucose im Blut, wird diese eingelagerte Glucose wieder freigesetzt. So besteht immer ein relatives Gleichgewicht des Blutzucker-Spiegels – bei normaler Funktion der Insulin-Produktion. Bei Diabetes Typ 1 Erkrankten funktioniert diese Funktion nicht, da die Bauspeicheldrüse bei ihnen kein oder nur sehr gering Insulin produziert. Dies kann mehrere Gründe haben. Entweder ist es ein genetischer Defekt oder die Bauchspeicheldrüse ist durch eine Vorerkrankung – beispielsweise durch einen Virus – angegriffen und irreparabel verletzt worden. Ergo müssen sie selbst die Aufgabe der Insulin-Zufuhr und der Glucose-Regulation übernehmen. Tun sie das nicht, wird ihr Körper kollabieren und letztendlich sterben.
Diabetes Typ 1 – chronisch krank
Man kann mit einer Diabetes-Typ-1-Erkrankung durchaus alt werden. Es ist nicht selten, dass die Betroffenen ihr ganzes Leben damit verbringen müssen. Denn diese Form der Diabetes hat nichts mit dem Alter zu tun, sondern kann, wie gesagt, durch eine Fehlentwicklung der Bauchspeicheldrüsentätigkeit zur Produktion des körpereigenen Insulins jederzeit auftreten. Vor allem, wenn die Diabetes Typ 1 schon im Kindesalter auftritt, bedeutet dies eine große Belastung für die Betroffenen. Ein ‘normales’ Leben ist für sie kaum noch denkbar. Außerdem ist eine Diabetes Typ 1 nicht heilbar, sondern chronisch. Den Betroffenen bleibt also nur, ständig auf der Hut zu sein und immer und überall sofort Gegenmaßnahmen einleiten zu können, wenn der Blutzuckerspiegel sich verändert. Immer und überall müssen sie auf die Nahrung achten, die sie zu sich nehmen und zudem noch ihren Insulinhaushalt von außen mittels Injektionen regulieren. Und immer müssen sie messen, ob sich ihr Blutzucker-Spiegel noch zwischen den Linien befindet. Ständig leben sie mit der Angst, dass ihr Glucose-Wert im Blut rapide abfällt und ihr Körper dementsprechend heftig reagiert.
Man muss immer auf der Hut sein
Es kann sogar vorkommen, dass ein Erkrankter im Schlaf stirbt, weil der Glucose-Spiegel auf einmal spontan abfällt. Dies ist natürlich für Eltern von betroffenen Kindern extrem belastend. Aber auch im Erwachsenenalter belastet die Krankheit die Angehörigen, denn sie bekommen ja ständig mit, dass dich die Betroffenen immer und überall mit ihrer Diabetes beschäftigen müssen. Es ist wie ein Klotz am Bein – die Bürde der Diabetes Typ 1 ist schwer zu tragen und allgegenwärtig, ständig physisch und psychisch anwesend und äußerst präsent. Auch wenn sich die Betroffenen mit den Jahren und Jahrzehnten daran gewöhnen und Routinen entwickeln – trotzdem müssen sie ihre Erkrankung immer ernst nehmen und dürfen sie nicht einen Tag aus den Augen verlieren. Denn zumindest ein Auge müssen sie ständig auf dem Bildschirm des Messgerätes haben, damit sie sicher sein können, dass sie immer noch zwischen den Linien leben.